Gehen wir doch mal zum Teufel.
Der ist ohnehin eine ganz besondere Karte. Die meisten modernen Tarot-Autoren beteuern, dass alle Karten positive wie negative Seiten hätten, das sei selbst und ganz besonders beim von Tarot-Laien oft gefürchteten „Tod“ so, der im Übrigen ganz harmlos wäre und ganz bestimmt nicht das Ende Ihres Lebens andeuten möchte. Eigentlich ginge es ihm ja nur darum, unbequeme Veränderungen zuzulassen, die ohnehin nur zu unserem Besten seien. (Stimmt schon alles, also keine Sorge, wenn Sie den „Tod“ ziehen!)
Beim Teufel dagegen spricht niemand mehr von positiven Eigenschaften. Er stehe für Abhängigkeiten, Süchte, Zwänge, manchmal gar für die dunklen okkulten Mächte, heißt es dann. Der Höllenfürst, der Antichtrist, der Verführer.
Wenn wir ihn betrachten, könnte er eine „finstere“ Variante des Magiers sein: Auch der Teufel zeigt „wie oben so unten“, allerdings weist sein Zauberstab nicht nach oben, sondern brennend nach unten. Neben dem Magier gibt es eine noch offensichtlichere „Geschwisterkarte“: Die Liebenden. Bei ihr blickt ein Engel von oben herunter – und die beiden Menschen sind auch freundlicherweise nicht angekettet, sondern verfügen über ihren freien Willen. So ein Lieber!
Trotzdem irgendwie ein klein wenig unfair gegenüber dem armen Teufel (zumindest dem auf unserer Tarotkarte), dass es so gar nichts Positives an ihm geben soll, oder?
Wenn wir uns – wie im letzten Beitrag beschrieben – mit einer der Figuren auf der Karte „der Teufel“ identifizieren, welche ist das dann? Viele von uns werden ganz spontan zu einem der beiden geknechteten Wesen (halb Mensch, halb Dämon) greifen, angekettet und unterdrückt vom Teufel, aber angesichts der recht lockeren Ketten um den Hals erfreulicherweise nicht ohne Hoffnung.
Das ist lustig, oder?
Der Teufel selbst ist etwa doppelt so groß und nimmt mit seinen Flügeln etwa 2/3 der Karte ein, aber wir wählen ausgerechnet lieber die kleine geplagte Figur ganz unten! Gibt es da ein Zögern, uns ausgerechnet mit dem Teufel zu identifizieren? (Wir sind ja schließlich „die Guten“…)
Das Zögern, sich auf solche Weise mit dem Teufel „einzulassen“ mag religiöse Hintergründe haben, es liegt aber sicher auch an dem, was jungianische Psychologen in der Karte sehen: Nämlich eine Darstellung des „Schattens“ in uns. Der „Schatten“, das sind alle diejenigen Bereiche unserer Persönlichkeit, die wir lieber wegsperren. Das, was wir für unpassend in uns halten, was unsere Maske nach außen gefährdet, was uns peinlich, unangenehm oder unangepasst ist, das was wir an anderen Menschen hassen weil wir es uns an uns selbst nicht eingestehen möchten.
Stellen wir uns aber trotzdem – nur so zum Spaß – mal vor: Der „Teufel“ auf dieser Karte, das sind ebenfalls wir, genauso wie wir auch die angeketteten kleinen „Unterteufelchen“ sind. So. Da gibt es also ganz unangepasste Anteile in uns, die wir lieber verstecken möchten, weil sie unserem gepflegten Selbstbild nicht entsprechen.
Was würde uns – aus einer solchen unangepassten Position heraus – als Erstes auffallen? Mit Sicherheit, warum wir uns überhaupt an den blöden Stein ketten lassen. Der Teufel selbst ist übrigens so frei, oben drauf zu sitzen. Und er könnte uns auch fragen, warum wir denn noch nicht bemerkt haben, dass die Ketten ziemlich locker sitzen!
Wenn wir die Karte „der Teufel“ auf diese Weise sehen, dann macht es sehr viel Sinn, nicht nur eine einzelne Figur als die unsere zu betrachten (schon gar nicht eine Randfigur), sondern das komplexe Zusammenspiel mehrerer Figuren als unser eigenes „inneres Theater“ zu studieren. Wir sind gleichzeitig die geknechteten kleinen Figuren und der Teufel. Und zudem auch noch der massive Klotz, an den die Figuren gekettet sind – der gehört natürlich ebenfalls zu unserem Inneren.
Und so wird aus dem Teufel dann doch noch eine positive Karte. (Klar, war sie schon immer!) Wir müssen nur begreifen, dass wie hier einen Teil von uns selbst vor uns haben, und dass der uns sehr hilfreiche, wenn auch erst einmal unangenehme Dienste leisten kann.
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